Wofgang Amadeus Mozart
* Salzburg, 27. Jänner 1756
† Wien, 5. Dezember 1791
Divertimento à 3 für Klavier, Violine, Violoncello und Klavier, B-Dur, KV 254
komponiert: Salzburg, August 1776
Uraufführung: nicht dokumentiert; erste dokumentierte Aufführung:
München, „Zum schwarzen Adler“ (Frauenplatz 4), 4. Oktober 1777
Wolfgang Amadeus Mozart, Cembalo
Charles Albert Dupreille (1728-1796), Violine
N.N., Violoncello
Erstausgabe: François-Joseph Heina, Paris, 1778
Das erste vollgültige Werk der Gattung Klavierkammermusik im Œuvre Mozarts ist eine Frucht jener glücklichen Zäsur in Mozarts bewegtem Leben, welche ihm zwischen den ausgedehnten und anstrengenden Reisen seiner Kindheit und dem großen Parisabenteuer, also zwischen September 1773 und September 1777 im Kreis seiner Familie in Salzburg vergönnt war. Diese Periode ist es vor allem, auf die sich die zahllosen Anekdoten vom vorlauten und ständig zu mitunter recht derben Spässen aufgelegten Wolferl beziehen, der etwa das hochanständige Tagebuch seiner Schwester mit allerlei verbalem Unflat bereicherte – aus dem Blickwinkel des XIX. Jahrhunderts ein irritierender Zug, der, ebenso wie die Unverblümtheit der Bäsle-Briefe, so gar nicht in das engelhaft verklärte Bild des Meisters passen wollte. Und eben dieser „Flegel“ Mozart ist es, der uns in den Ecksätzen (Allegro assai / Rondeaux. Tempo di Menuetto) des B-Dur-Divertimentos entgegentritt: niemals ist er um eine unerwartete Wendung, um ein den Zuhörer schalkhaft desorientierendes Detail verlegen, und doch fließt alles so natürlich, daß man hinterher jedesmal meint, es habe gar nicht anders kommen können. Der Mittelsatz, den diese beiden vitalen Kabinettstücke umrahmen (Adagio, Es-Dur), ist in denkbar großem Kontrast dazu ein herzinniges, im besten Wortsinn „empfindsames“ Stück, das auch als eine Reverenz an den verehrten Vorläufer Mozarts Carl Philipp Emanuel Bach verstanden werden könnte.
Mozart selbst scheint sich der Qualitäten seines Trio-Erstlings wohl bewußt gewesen zu sein, denn es gehört zu jenen ausgewählten Werken, die er während seines Parisaufenthaltes dort in Druck geben ließ.
Über die Uraufführung des Werkes ist nichts bekannt. Bei der frühesten nachweisbaren Aufführung in einer Privat-Akademie, die Mozart am „Hochfeyerlichen Nammens-tag seiner königlichen Hoheit des Erzherzogs Albrecht“ auf der Reise nach Paris in seinem Münchner Quartier veranstaltete, hatte er jedenfalls keinen Grund zur Freude. (Zum Troste heutiger Konzertbesucher: Diese „kleine accademie“ „fienge um halbe 4 Uhr an, und endigte sich um 8 uhr“!) Der Münchner Orchestergeiger und Tartini-Schüler Charles Albert Dupreille (1728-1796), den Mozart dazu eingeladen hatte, verärgerte den Meister schon im ersten Werk des Programms: „…mir war sehr leid, ich hörte ihn kaum; er war nicht im stande 4 täcte fort zu geigen ohne zu fehlen. Er fand keine applicatur. Mit die sospirs war er gar nicht gut freünd. Das beste war daß er sehr höflich gewesen…“ Beim anschließenden Divertimento wurde es dann noch bunter: „dann spiellte ich… daß Trio von mir. Das war gar schön accompagnirt. In Adagio habe ich 6 tact seine Rolle spiellen müssen.“
Über eine sehr viel befriedigendere Aufführung des Werkes hingegen konnte Leopold Mozart seinem Sohn einige Zeit später, am 26. Jänner 1778, nach Mannheim berichten, wohin dieser in der Zwischenzeit weitergereist war. Der Geiger Antonín Janič (1752?-1812) und der Cellist Josef Rejcha (1746-1795), die Wolfgang wenige Wochen zuvor in Hohenaltheim am Hofe des Fürsten Kraft Ernst von Öttingen-Wallerstein kennengelernt hatte, besuchten Vater Mozart in Salzburg – nicht zuletzt wohl, um ihm über das närrische Benehmen seines Sohnes zu berichten (der freilich postwendend beteuert, immer „ganz serios“ gewesen zu sein). Bei dieser Gelegenheit konnten sie einige von Mozarts Kompositionen hören, über die sie in großes Erstaunen gerieten und ausriefen: „….das heist recht gründlich Componiert! Sie accompagnierten dann der Nannerl dein Trio fürs Clavier ex B recht recht vortrefflich“. Das ist das letzte Mal, daß wir zu Mozarts Lebzeiten von dem Werk hören – nicht ganz eineinhalb Jahre nach der Komposition war es für seinen Autor wohl schon „neiges d´antan“ geworden.
© Claus-Christian Schuster